September 2022

Blick aufdie Anlage der barocken Basilika Mariatrost in Graz
Foto: Bundesdenkmalamt, Bettina Neubauer-Pregl

Die Basilika Mariatrost in Graz (Steiermark)

Sie waren in die Jahre gekommen, die Grazer Basilika Mariatrost und die sie umgebenden Trakte des früheren Klosters. Aus der Ferne wirkten sie in ihrem intensiven Weiß und Gelb durchaus intakt, doch aus der Nähe betrachtet war der Sanierungsaufwand beträchtlich. Die Gesamtrestaurierung innen und außen benötigte daher auch eine geraume Zeit und ist nach wie vor im Laufen. Ein Ende zeichnet sich jedoch ab: Die Signalwirkung in ihrer Grazer Stadtrandlage ist bereits wieder gut erkennbar.

Angelegt wurde die Klosteranlage mit der heutigen Basilika Mariatrost am nordöstlichen Stadtrand am so genannten Purberg und damit in einer weithin sichtbaren, den engen Talanstieg Richtung Weiz dominierenden Lage. Die Bezeichnung ihres steilen Hügels verweist auf eine mittelalterliche Burg, auch wurde im 17. Jahrhundert hier ein kleines Schloss, das „Purberg-Schlössl“, errichtet. 1689 entstand unter dem damaligen Besitzer Franz Caspar Conduzi eine Kapelle Mariatrost, in die eine spätgotische Figur "Maria mit Kind" von Stift Rein bei Graz übertragen wurde. Bald entwickelte sich eine rege Wallfahrt zu diesem Gnadenbild, das bis heute das Zentrum der Wallfahrtskirche am Hochaltar bildet.

1708 wurden Schlössl und Kapelle dem Paulinerorden übergeben, der Wallfahrtsort offiziell 1711 kirchlich anerkannt. Daher entschied man sich für den Bau einer großzügigen barocken Wallfahrtskirche und wandte sich für die Planung an die für die steirische Barockarchitektur bedeutenden Baumeister Andreas Stengg und sein Sohn Johann Georg Stengg.
Sie griffen den verbreiteten Typus einer Wandpfeilerkirche über kreuzfömigem Grundriss mit zentraler Kuppel auf und umschlossen die Kirche an drei Seiten mit architektonisch integrierten Klostertrakten. Die in Richtung Stadt orientierte Westfassade der Anlage präsentiert sich als reich gestaltete, fernwirksame Schauseite mit Doppelturmfassade unter Einbindung der seitlich anschließenden Klostertrakte.

Nach der Grundsteinlegung 1714 konnte schon 1719 ein erster Gottesdienst in der noch unfertigen Kirche gefeiert werden. Ihre Fertigstellung mit überaus reicher Ausstattung zog sich noch bis in das späte 18. Jahrhundert hin. Trotz dieser langen Bauzeit konnte eine erstaunlich homogene Gesamtwirkung in Sinn eines barocken Gesamtkunstwerks erreicht werden und Mariatrost entwickelte sich neben Mariazell und der Mariahilferkirche in Graz zu einem der bedeutendsten Marienwallfahrtsorte des Landes.

Im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts kam es zu zahlreichen Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten an den Architekturoberflächen und am Inventar. Sie waren immer mit substantiellen Veränderungen verbunden, stellten aber die künstlerische Einheit der Anlage nie in Frage.

Vor den nunmehrigen Restaurierungsmaßnahmen, die sowohl den Innenraum mit Inventar, als auch die Fassaden umfassen, war dies zuletzt um 1980 der Fall, als man, wie in dieser Zeit in vielen Fällen bedauerlicherweise üblich, die historischen Fassadenputze vollständig abschlug und in Zementputztechnik erneuerte. Gleichzeitig wurde auch ein in diesen Jahren bei Barockbauten gerne angewendetes Farbschema in Gelbocker mit weißen Gliederungselementen umgesetzt. Diese Farbenmode stellte gewissermaßen einen Standard für Barockarchitektur dar - ohne den individuellen Objektcharakter zu berücksichtigten.

Erst durch die Einführung objektbezogener restauratorischer Befundungen der historischen Farbschichten als Standard in der Baudenkmalpflege wurde diese Entwicklung in der Zwischenzeit überwunden. Es zeigten sich an den befundeten Objekten oft vielfältige unterschiedliche Farbsysteme im Rahmen der in ihrer jeweiligen Entstehungszeit verfügbaren Farbpigmente. Besonders der zur wesentlichen künstlerischen Gestaltungsphase einer Architekturoberfläche zugehörige Farbbefund spielt heute hier eine besondere Rolle, da mit ihm die Farbigkeit als wesentlicher Bestandteil des künstlerischen Konzepts zum Ausdruck kommt. Die individuellen Qualitäten des betreffenden Gebäudes rücken damit in den Vordergrund und ermöglichen objektivierte Entscheidungen.

In diesem Sinn bestand bei der seit 2021 in Etappen durchgeführten Fassadensanierung in Mariatrost die besondere Gelegenheit, ein zwar seit Jahrzehnten gewohntes, doch letztlich einer formalen Modeerscheinung entsprechendes, erst wenige Jahrzehnte altes Farbbild zugunsten der am Objekt nachweisbaren originalen barocken Farbigkeit aus der Entstehungszeit des 18. Jahrhunderts abzulegen. Dies führte zu einem intensiven Diskussionsprozess zwischen Bundesdenkmalamt und Pfarre, nicht zuletzt aufgrund der besonderen städtebaulichen Situation und wahrzeichenhaften Wirkung von Mariatrost.

Mit Hilfe großflächiger Farbmuster an der Westfassade konnte letztlich eine Entscheidung zugunsten der barocken Farbgebung mit Gliederungselementen in Rotocker und gebrochen weißen Nullflächen getroffen werden. Dadurch wird der Gliederungsaufbau betont und die Erscheinung der Architektur verbessert, gleichzeitig auch eine „Brücke“ zwischen Geschichte, Bedeutung und Einzigartigkeit der Wallfahrtskirche Mariatrost mit einem Signal für Neues geschaffen.

Jetzt, wo die Westfassade bereits seit einigen Monaten zu sehen ist und damit ein erster Gewöhnungseffekt eingetreten ist, sind die kritischen Stimmen leise geworden. Öfter hört man eher die Frage, wann denn endlich die Klostertrakte auch so gefärbelt werden. Ein Ende ist absehbar, bald wird die Basilika Mariatrost wieder in voller Pracht ihre dominante Position im Grazer Ortsteil Mariatrost einnehmen können.

Tag des Denkmals

Am Tag des Denkmals am 25. September 2022 können Sie im Rahmen einer Führung mehr über dieses spannende Projekt erfahren. Informationen zur Anmeldung finden Sie unter www.tagdesdenkmals.at