April 2022
Die Burganlage Liebenfels im Glantal (Kärnten)
Das an Burgen und Ruinen reiche Kärnten hat seit kurzem einen neuen denkmalpflegerischen Lichtblick zu bieten – die Burgruine Liebenfels im Glantal. In der mittelalterlichen Anlage wird seit Sommer 2020 nicht nur konserviert, gegraben und vielfältig geforscht, sondern auch Kärntner Gelassenheit gelebt.
Die Burganlage Liebenfels liegt auf einem, durch mehrere künstliche Geländestufen unterteilten Felsrücken über der Ortschaft Pulst nur wenige Kilometer westlich von St. Veit an der Glan. Nachdem bereits in der frühen Kupferzeit (Lasinja-Kultur) die höchste Erhebung zu Siedlungszwecken genutzt worden war, setzte man sich im Mittelalter erneut auf der exponierten Stelle fest und errichtete eine eindrucksvolle Burganlage.
Als im Frühjahr 2020 mit Mag. Dietmar Messner ein neuer Pächter übernahm, wurde die Ruine, der Abenteuerspielplatz seiner Kindheit, nach Jahren des Dornröschenschlafs voller Tatendrang auf den Kopf gestellt. Ziel der längst noch nicht abgeschlossenen Maßnahmen ist es, durch bedachte Vorgehensweise, interdisziplinären Diskurs und gezielt gesetzte Eingriffe das Denkmal für die einheimische Bevölkerung und interessierte Besucher:innen nicht nur zu erhalten, sondern erlebbar zu machen.
Ab dem beginnenden Spätmittelalter wurde das mittelalterliche Bild der Burg durch zwei heute noch gut erhaltene Bergfriede auf quadratischem Grundriss im äußersten Westen (Vorburg) und Osten (Hochburg) geprägt. Sie sind Teil eines groß angelegten Neubaus, zu dem auch die gesamte Kernburg mit dem oberen und unteren Palas, die doppelgeschoßige Kapelle und die weitläufige Vorburg gehören - alles sicher umschlossen von einer mächtigen Ringmauer. Dendrochronologische Untersuchungen von noch in situ befindlichen Bauhölzern aus Lärche im oberen Bergfried gehen mit den bauhistorischen Analysen einher. Sie belegen eine Entstehungszeit des Turms in den ersten beiden Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts, einer Zeit, in der die Grafen von Görz und Tirol mit dem Herzogtum Kärnten belehnt waren.
Den Ausgangspunkt der wissenschaftlichen Begleituntersuchungen und Konsolidierungsmaßnahmen stellten 2020 die Arbeiten am oberen Bergfried dar, die schlussendlich in einem Ausbau und der Einrichtung eines Museums mündeten. Hier findet sich über sechs Geschoße frühgotisches Kompartimentmauerwerk mit regelmäßigen Abgleichungen, Der Zugang war im Mittelalter nur über einen Hocheinstieg im Süden auf Höhe der zweiten Etage zugänglich. Um einem Mindestmaß an wohnlichem Standard gerecht zu werden, wurde auf der vierten Ebene eine für die Entstehungszeit typische beheizbare Block- oder Bohlenstube eingebaut. Fraglich bleibt allerdings bislang die ursprüngliche Funktion der großen, paarweise angeordneten Rundbogenfenster im letzte Geschoß des Bergfrieds, doch bieten ihre begehbaren Fensternischen nun wieder einen atemberaubenden Blick in alle vier Himmelsrichtungen.
Erstaunlicherweise belegen die Ergebnisse der archäologischen Grabungen, dass vor dem Neubau um 1300/1320 bereits zwei hochmittelalterliche Vorgängerbauten am Standort des Bergfriedes vorhanden waren. Die erhaltenen Mauerreste weisen vom Turm abweichende Ausrichtungen auf; die Gebäude dürften jeweils für den Nachfolgebau geschleift worden sein. Im untersten Bereich der südöstlichen Ecke des Berings der Hochburg haben sich „opus spicatum“-artige Mauerpartien erhalten, die von der jüngeren Ringmauer überbaut wurden. Ältere, mit einer der befundeten Vorgängerphasen zeitlich einhergehende Mauerstrukturen, fanden sich zudem 2021 bei den archäologischen Untersuchungen im Bereich der westlichen Sockelzone des oberen Bergfrieds.
Im Laufe der Jahre 2020 und 2021 folgten Arbeiten in nahezu allen Bereichen der Hochburg wie etwa die archäologische Befundung und partielle bautechnische Sicherung des Aufgangs vom unteren Palas nach oben zum ehemals gepflasterten Hof vor dem Bergfried oder im sogenannten Küchenbereich der Vorburg (Backofen). Es wurden weitere Kronensicherungen und Neuverfügungen am Mauerwerk sowie Sicherungsarbeiten und Sondagen zur Befundabklärung in und um die Kapelle durchgeführt. Zudem wurde das Mauerwerk des unteren Palas saniert und nach eingehenden Überlegungen mit einem neuen Dach versehen.